Friedenskonzert in Verdun


Verdun. Mozarts und Saint Saens’ Requien beschließen in der Kathedrale von Verdun die 2018er-Ausgabe der Musikfestspiele Saar.

 

Abschließender Höhepunkt der Musikfestspiele Saar-Ausgabe 2018 war am Sonntag das Konzert zum 100. Jahrestag des Waffenstillstandes 1918, der Beendigung des Ersten Weltkrieges. Die Kathedrale „Notre Dame“ in Verdun war ein würdiger Ort, um mit diesem „Friedenskonzert“ auch der Toten zu gedenken. Geistliche und politische Prominenz gab sich die Ehre, bis auf den letzten Platz füllten Musikfreunde beider Länder das Kirchenschiff.

 

Die Beziehung Frankreich-Deutschland wurde auch durch die Programmwahl symbolisiert: Aus dem deutschen Sprachraum erklang Wolfgang Amadeus Mozarts „Requiem“ KV 626 und aus Frankreich Camille Saint-Saëns‘ „Requiem“ op.54. Dafür wurde ein Musikfestspiel-Chor mit gut 200 Sängern zusammengestellt (rekrutiert aus Mitgliedern des Vokalensembles 83, des Dekanatchors Saarlouis, des Schüler- und Elternchors des Saarbrücker Gymnasiums am Schloss sowie von „SAarVoir Chanter“), die „Russische Nationalphilharmonie“ übernahm den Orchesterpart, ihr Chefdirigent Vladimir Spivakov hatte die Gesamtleitung. Der deutsch-französische Fernsehsender „arte“ übertrug das Konzert live – so war das Kirchenschiff, unterstützt von feinem Kunstnebel, in mystisches Scheinwerferlicht getaucht.

 

Auch wenn man heute Mozarts Requiem – historisch begründet – mit kleiner Besetzung aufführt, verlieh der große Chor und das sinfonisch besetzte Orchester besonders den dramatischen Teilen überzeugendes Gewicht und Ausdruckskraft. Spivakov koordinierte überlegen, mit ruhiger Hand. Selbst dann, wenn in den Chor-Fugen seine frischen Tempovorgaben, wohl wegen der räumlichen Distanz, etwas zögerlich aufgenommen wurden, er sie aber unbeirrt durchsetzte. Das Solistenquartett war mit dem schlanken Sopran von Sofia Fomina, dem runden Mezzo von Anke Voldung, dem etwas heldenhaft vibrierenden Tenor von Ian Storey und dem kernigen Bass von Wolfgang Schöne harmonisch besetzt. Deren Aufgaben wuchsen im Requiem von Saint-Saëns, der die Solostimmen weite Teile des Ordinariums in einer an der Gregorianik orientierten Weise vortragen lässt.

Der Komponist verknüpft seine individuelle Ausdrucksweise mit historisierenden Elementen aus der kirchenmusikalischen Restaurationsbewegung. Doch er verzichtet nicht auf Klangeffekte: das volle Orgelwerk (Bernhard Leonardy) etwa im „Tuba mirum“, Harfen-Weben im

„Benedictus“, die Farben zweier Englisch-Hörner, das dunkle Beben langer Orgelpunkte. Die überleitenden Orchesterteile wurden fein differenziert ausgespielt und bereiteten die homophonen Chorsätze stimmungsvoll vor bis hin zum meditativ verhauchenden „Amen“. Anders als bei Mozart verharrten die Zuhörer lange in andächtigem Schweigen, bevor großer Beifall das großartige Konzerterlebnis würdigte.

 Von Helmut Fackler