Russische Nationalphilharmonie unter Vladimir Spivakov in der Kölner Philharmonie


Ein Fest orchestraler Klangkultur bereitete die Russische Nationalphilharmonie unter Leitung ihres Chefs Vla­dimir Spivakov in der ausver­kauften Philharmonie. Russi­sche Seele vom Feinsten offen­barte sich zunächst in Rach­maninows Klavierkonzert Nr. 2 (c-Moll op. 18). Der noch junge Solist Nikolai Tokarew (Jg. 1983) ist seit seiner Interpretation von Rachmaninows schwergewich­tigem dritten Klavierkonzert noch in lebhafter Erinnerung. Das Zweite ist lyrischer, enthält aber auch anspruchsvoll-virtu­ose Partien - bei dem wurde To­karew souverän gerecht. Gleich zu Beginn behauptete er sich standhaft gegen die Phalanx der tiefen Streicher (acht Kontra­bässe und zehn Celli!), die ei­nen sonoren Sound ausbreite­ten. Der Pianist besitzt neben elektrisierender Fingerfertig­keit auch die Fähigkeit zu ge­sanglicher Melodiebildung im Diskant, was sich oft wunder­bar bewährte. Nicht alles gelang indes. Für den starken Bei­ fall bedankte er sich delikat mit einem Satz aus Tschaikowskys ,,Jahreszeiten".


Nach der Pause dann ein wei­teres Paradepferd russischer Musikliteratur, Tschaikowskys Fünfte (e-Moll op. 64). Spiva­kov und sein Orchester entfal­teten das vielgespielte Werk so frisch und lebendig, dass es dem Hörer fast wie neu vorkam. Der Dirigent nutzt seine Gestal­tungskraft, die ihn als Weltklasse -Geiger auszeichnet, auch für seine Rolle als Orchesterleiter. Jedes Accelerando, jedes Ritardando wurden vom Or­chester organisch umgesetzt. Die Plastizität der Holzbläser, der geschliffene Glanz des Blechs und die geschmeidige Wucht der Streicher verblüff­ten geradezu. Zugabefreudig waren sie auch noch, diese fa­belhaften Russen.

Für „Stan­ ding ovations" gab es ein fet­ziges Schostakowitsch - Inter­mezzo (aus „Katharina Ismai­lowa"), ,,Valse triste " von Si­belius und Khatchaturians tol­len „Masquerade" -Walzer.

Von  Volker Fries, Kölner Rundschau, 03.11.2018